Kampf um die Tonspur

Unser November-Flyer war fertig geplant, gelayoutet und auch schon gedruckt. Das darin enthaltene Programm ist nun leider hinfällig, aber unser Publikum soll doch wenigstens in den Genuss des redaktionellen Beitrags über verschiedene Sprachfassungen im Kino kommen. Viel Spaß!


BildDer berühmteste Übersetzungsfehler der Filmgeschichte ist vermutlich der legendäre Satz aus ‚Casablanca‘: Humphrey Bogarts lockerer Trinkspruch ‚Here‘s looking at you, kid‘ wurde zum anzüglichen ‚Ich schau Dir in die Augen, Kleines!‘. Die Fassung des Films, die bis in die 70er Jahre in Deutschland zu sehen war, war gar komplett entstellt – weil man den Nachkriegs-Deutschen den politischen Gehalt des
Films nicht zumuten wollte, wurde aus dem Widerstandskämpfer Victor László der Atomphysiker Victor Larsen und der politische Plot zu einer Agenten-Scharade.

Natürlich kann man den Synchronfassungen aktueller Filme so etwas nicht vorwerfen – aber dennoch: Jede Synchronisation verändert einen Film. Die originalen Stimmen der Schauspielerinnen und Schauspieler fehlen, oft geht auch viel Atmosphärisches verloren, Anspielungen und Witze funktionieren nicht mehr und vielen kleinen Verleihern fehlt schlicht das Geld, hochwertige Synchronfassungen zu finanzieren.

Für Cineasten gibts daher keine Alternative zu Originalfassungen, sie hören Dialoge in fremden Sprachen und lesen Untertitel – und die Zahl derer, die dem Original den Vorzug geben steigt in dem Maße, in dem die jüngeren Kinogänger*innen mit Medien wie BluRays und Streaming-Diensten aufwachsen, die immer die bequeme Wahl der Sprachfassung ermöglichen. Andere fühlen sich von den Untertiteln abgelenkt
und ziehen die ‚bequemere‘ Synchronfassung vor.

Für die Kinos macht die Digitalisierung die Sache heute denkbar einfach: Fast immer gibt es die freie Auswahl der verschiedenen Fassungen. Daher gilt im Casablanca immer die Devise: Alle Filme kommen auch im Original (ggf. mit Untertiteln) auf die Leinwand. Manchmal nur in einzelnen Vorstellungen, manchmal auch täglich – viele kleinere Produktionen werden auch überhaupt nicht synchronisiert. Oft
ist es so auch viel leichter, Filme großer Verleiher zeigen zu dürfen. Und manchmal entscheiden wir uns auch für das Original ohne Untertitel – zumindest wenn die Originalsprache Englisch ist.

Dass wir mit jeder dieser Entscheidungen einen Teil des Publikums enttäuschen, einem anderen aber eine Freude bereiten, ist uns klar – wir bitten um Verständnis für die jeweils andere Position. Und Angst muss man vor dem „OmU“-Kennzeichen im Programm nicht haben!