State of the Union – Erosion einer Demokratie

State of the Union – Erosion einer Demokratie

Die Demokratie ist unter Beschuss – weltweit und insbesondere in den USA unter Donald Trump. In einer neuen Reihe zeigen wir Filme, die sich mit dem Verfall der amerikanischen Demokratie beschäftigen. Die ersten beiden Veranstaltungen begleiten jeweils den Neustart zweier aktueller Spielfilme, danach setzen wir die Reihe mit weiteren Einzelterminen fort. Für Januar ist eine Verlängerung geplant!

Zur Haltbarkeit von Demokratie(n) – in den USA und anderswo

von Stephen Koetzing

Oktober 1935 – gerade einmal ein Jahr ist es her, dass Dorothy Thompson aufgrund ihrer kritischen Berichterstattung über Adolf Hitler und die Machtergreifung der Nationalsozialisten als erste US-amerikanische Journalistin des Dritten Reichs verwiesen wurde, da veröffentlicht ihr Ehemann, Sinclair Lewis, seinen Roman It Can’t Happen Here, in dem ein Rechtspopulist mit dem Versprechen die Präsidentschaftswahlen gewinnt, den USA wieder zu alter Größe zu verhelfen und das Land in eine Diktatur umgestaltet. Im Titel fängt Lewis den Tenor der kollektiven Stimmung in den USA dieser Zeit ein: Unvorstellbar ist es, dass die Vereinigten Staaten einen derartigen Umsturz erleben könnten. Zu gefestigt ist das Fundament aus demokratischen und rechtsstaatlichen Prinzipien, die die Verfassung garantiert, zu ausgeklügelt ist das System der Gewaltenteilung, mit dem sich Legislative, Exekutive und Judikative stetig gegenseitig kontrollieren, viel zu groß ist die Freiheitsliebe der Bürger*innen das Landes.

Nicht einmal 100 Jahre später zeichnet sich uns ein völlig anderes Bild: Eine unheilige Allianz aus rechtskonservativen und rechtsextremen Politiker*innen sowie Meinungs- und Medienmacher*innen, evangelikalen Kräften und proto-faschistischen Milizen scheint Dystopien wie It Can’t Happen Here, 1984 und Fahrenheit 451 als Anleitungen verstanden zu haben. Mit viel Geduld und sehr systematisch haben sie teilweise über Jahrzehnte Demokratie und Rechtsstaat ausgehöhlt und Autoritarismus, Nationalismus und Rechtsextremismus hoffähig gemacht. Nun sieht es so aus, als ob urplötzlich das Fundament der Vereinigten Staaten bröckelt: Der Oberste Gerichtshof hat dem Präsidenten nahezu uneingeschränkte Immunität zugesprochen, die Allgemeingültigkeit verbriefter Grundrechte wird in Frage gestellt und substantielle Teile des republikanischen Lagers liebäugeln relativ unverhohlen mit dem Faschismus. Wie lange hält die Demokratie in den USA noch?

Vor diesem düsteren Hintergrund starten wir am 6. November unsere neue Filmreihe [State of the Union – Erosion einer Demokratie]. Mit aktuellen Spiel- und Dokumentarfilmen und begleitet durch Filmgespräche beleuchten und hinterfragen wir darin den Verfall der Demokratie in den USA, der uns angesichts derzeitiger Geschehnisse und Entwicklungen in unserem eigenen Land, in Europa und auf der Welt mehr als nur eine Warnung sein sollte …

Nie wieder!