Hi, A.I.

Filmtipp von Rainer (Casa-Programmgruppe)

Künstliche Intelligenz ist derzeit eines der spannendsten Themen unserer Zeit. Wenn es nach der Industrie geht, sollen künftig  selbst fahrende Autos und digital vernetzte Haushalte so selbstverständlich sein wie heute smartphones. Aktuell schon verbreitet ist die technische Hilfskraft „Alexa“, die Sprachbefehle umsetzt und dabei menschliche Handgriffe bei entsprechend vernetzten Geräten ersetzt. Aber die technische Entwicklung geht viel weiter. Künftig sollen Roboter nicht mehr technische „Handlanger“ der menschlichen Spezies sein, sondern deren – Gesprächspartner.

Und was uns die Regisseurin Isa Willinger in ihrem Dokumentarfilm hier an Beispielen zeigt, lässt den Science-Fiction-Film „Her“, der eine Liebesbeziehung zwischen einem Menschen und einem künstlichen Wesen schildert, als gar nicht mehr so abwegig erscheinen. Dazu passt eine kürzliche Meldung aus Japan, wo ein Mann bei einer feierlichen Zeremonie tatsächlich ein digitales Wesen „geheiratet“ hat. Wie uns „Hi, A.I.“ zeigt, sind gerade in Japan kleine Roboter keineswegs exotisch. Sie werden in durchaus beachtlichen Mengen preiswert hergestellt und wie z.B. im Film dazu eingesetzt, älteren vereinsamten Menschen als Kommunikationsmedium zu dienen. Man sieht in ihnen tatsächlich „Familienmitglieder“ und behandelt sie wie ein zum Haushalt gehörendes Kind.

In USA geht man noch einige Schritte weiter und hat menschenähnlich aussehende Androiden entwickelt, mit denen man sich auf hohen kulturellen Niveau unterhalten und auf Reisen gehen kann. Eine ganze Woche ist im Film ein einzelgängerischer Amerikaner mit seiner sexy gestylten Roboterpuppe unterwegs – und keiner der Passanten, den er begegnet, scheint sich daran zu stören.

Im Gegenteil: „Harmony“ ist für ihn die perfekte Partnerin, mit der er auch schwierige biografische Erlebnisse „besprechen“ kann – und die ihn „versteht“. Sie ist nämlich so programmiert, dass sie „empathisch“ auf geäußerte Gefühle und verändertes Sprechverhalten des Gegenübers reagieren kann. Sie kann mit ihm darüber reflektieren, dass er ein Mensch ist und sie „nur“ ein künstlich geschaffenes Wesen. Betrachtet man die Empathie-“Fähigkeit“ mancher Mitmenschen, ist sie einigen von ihnen in manchen Dingen allerdings durchaus voraus…

„Hi, A. I.“ nimmt uns mit auf eine Reise in die Welt von morgen. Eine Welt, in der vielleicht nicht nur Pflege-Roboter zum Standard gehören, sondern auch Roboter-“Menschen“, mit denen wir kommunizieren, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt. „Hi, A.I.“ erzählt davon sehr sensibel und ohne wertenden Kommentar. Er hat nicht nur den diesjährigen Dokumentarfilmpreis beim Max-Ophüls- Festival bekommen und wurde in dieser Sparte für den deutschen Filmpreis nominiert, er gehört für mich schon jetzt zu den herausragenden Doku-Filmen dieses Jahres.

Alle Spielzeiten hier!