Monat: September 2019

Systemsprenger

Filmtipp von Rainer (Casa-Programmgruppe)

Filmbild Systemsprenger

Zunächst einmal sollte eine naheliegende Frage geklärt werden: Was ist eigentlich ein „Systemsprenger“ ? Dieses Wort ist ein relativ neuer Fachjargon aus dem Bereich der Jugendämter und Jugendhilfeeinrichtungen (also Heime und Pflegestellen). Man versteht darunter schwer erziehbare Kinder und Jugendliche, die auf Grund ihres Verhaltens in diesen Einrichtungen nicht mehr tragbar sind und für die man andere pädagogische Maßnahmen (oder ein anderes Heim) suchen muss.

Der Film erzählt von dem 9jährigen Mädchen Benni , das sich so aggressiv und unberechenbar gebärdet, dass es keine Pflegefamilie oder Wohngruppe eines Heimes länger mit ihr aushält. Sie will nach Hause zu ihrer Mama, doch die ist überfordert und mit ihren eigenen Problemen beschäftigt. Benni bekommt eine neue Chance, als sich ein engagierter Erlebnispädagoge ihrer annimmt, doch kann sie diese auch nutzen können ?

Die Geschichte  mag nach einem drögen Sozialdrama im TV-Format klingen,  ist jedoch großes Kino mit starker emotionaler Wucht. Insbesondere Helena Zengel  spielt Bennie in ihrer Zerrissenheit zwischen massiven Wutausbrüchen und verletzlicher Liebesbedürftigkeit so grandios, das man bis zur letzten Filmminute dem Atem anhält. Dem scheidenden Berlinale-Direktor Dieter Kosslick gelang ein großer Coup, die Regie-Debütantin Nora Fingscheidt gleich in den Wettbewerb der diesjährigen Berlinale einzuladen. Ihr Film bekam dort nicht nur den renommierten Fritz-Bauer-Preis, sondern hat zwischenzeitlich auf mehreren Festivals diverse Preise abgeräumt. „Systemsprenger“ ist nicht nur gut recherchiert, sondern weiß auch eine Geschichte sensibel zu erzählen, die unter die Haut geht. Wer ihn bereits gesehen hat, kann nicht umhin, ihn weiter zu empfehlen. Zweifellos jetzt schon einer der bisher besten deutsche Film des Filmjahres 2019.

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